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Wir müssen Veränderungsweltmeister werden

Blogpost |

2. Juli 2025

steinbock spricht über...
Deutschland steht vor enormen Herausforderungen. Um diese zu bewältigen, müssen wir uns fortwährend verändern – auch wenn Veränderungsbereitschaft nicht Teil unserer DNA ist. Die deutsche Landwirtschaft zeigt, wie Veränderung funktioniert und kann als positives Beispiel für erfolgreiche Anpassung und Innovation dienen. Dabei wird sie unterstützt von der Rentenbank, die ihr als starker Partner zur Seite steht.

Die Verbindung von Gentechnik und Biotechnologie eröffnet einen transformativen Weg für nachhaltige landwirtschaftliche Praktiken.

„Was ist los mit unserem Land? Der Verlust wirtschaftlicher Dynamik, die Erstarrung der Gesellschaft, eine unglaubliche mentale Depression – das sind die Stichworte der Krise.“ Diese Sätze stammen aus der berühmten Ruck-Rede von Altbundespräsident Roman Herzog, die er 1997 bei der Wiedereröffnung des Hotel Adlon in Berlin hielt. Im Kontrast zur festlichen Kulisse attestierte er seinen Landsleuten in seiner Ansprache eine alles überschattende Mutlosigkeit und ein Gefühl der Lähmung, während man gleichzeitig „wirtschaftlich und gesellschaftlich vor den größten Herausforderungen seit 50 Jahren“ stünde.

Im Jahr 2025 wiederholt der Ökonom und Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Professor Marcel Fratzscher, die eindringliche Mahnung Roman Herzogs vor über 200 Vertreterinnen und Vertretern aus der Finanzbranche, der Politik, der Wirtschaft sowie Verbänden und Wissenschaft bei der Agrarfinanztagung der Rentenbank in Berlin. Ein Vierteljahrhundert nach der Rede des damaligen Bundespräsidenten scheinen seine Aussagen die aktuelle Lage in Deutschland erneut treffend zu beschreiben. Denn auch heute beobachten wir eine mentale Depression, die das Land beherrscht, während wir wieder vor erheblichen – vielleicht sogar noch gewaltigeren – Herausforderungen stehen.

Fratzscher beschreibt diese Herausforderungen anhand dreier zentraler Entwicklungen, die auf uns einwirken: die Globalisierung, die sich durch Handelskonflikte, die Corona-Pandemie und den Krieg in der Ukraine grundlegend verändert hat. Diese Faktoren haben unsere bisherige Strategie, uns auf die USA (Sicherheit), Russland (günstige Energie) und China (Wachstumslokomotive) zu stützen, ins Wanken gebracht. Darüber hinaus sind wir von der digitalen sowie der ökologischen Transformation betroffen, die die Technologielandschaft und die Unternehmen nachhaltig beeinflusst. Zuletzt nennt er die soziale Transformation, die durch radikal veränderte Produktionsprozesse geprägt ist und bereits jetzt für viele in unserer Gesellschaft spürbar ist.


Wandel erfordert Veränderungsbereitschaft

Diese drei großen Transformationsstränge waren bereits vor 25 Jahren präsent. Auch Herzog sprach in seiner Rede von der Globalisierung, der Digitalisierung und dem Wandel der Arbeitswelt. Um diese Herausforderungen zu bewältigen und zu unserem Vorteil zu nutzen, forderte er damals vor allem eines von den Menschen: Veränderungsbereitschaft. Genau diese zeigte das Land in den darauffolgenden Jahren. In einem gemeinsamen Kraftakt wurden wichtige Reformen auf den Weg gebracht, die den Weg ebneten für das über viele Jahre hinweg starke Wirtschaftswachstum. Gleichzeitig begannen wir die Vorteile der Globalisierung stärker für uns zu nutzen und wurden zum Exportweltmeister. Made in Germany stand wieder für weltweit führende Qualität.

Die Veränderungen in unserem Land waren ein Erfolg. Doch irgendwann begannen wir, uns auf diesem Erfolg auszuruhen. Dabei ist klar, dass die Welt um uns herum nicht stillsteht. Im Gegenteil: Während wir immer langsamer wurden und aufgehört haben, uns weiterzuentwickeln, hat sich der Wandel um uns herum extrem beschleunigt. Genau deshalb befinden wir uns heute erneut in einer ähnlichen, vielleicht sogar dramatischeren Situation als damals. Und genau wie damals ist es jetzt wieder an der Zeit, in den Veränderungsmodus zu schalten. Nur so können wir wieder erfolgreich werden und aktiv unsere Zukunft gestalten.

Veränderung ist nicht Teil unserer DNA

Wie so oft im Leben ist die Analyse verhältnismäßig leicht, während die Umsetzung harte Arbeit erfordert. Dies liegt daran, dass der Wille zur Veränderung nicht Teil unserer genetischen Grundausstattung ist. Zwei wesentliche Faktoren stehen unserem Weg in eine bessere Zukunft entgegen: Gewohnheiten und Angst. Ein Großteil unserer täglichen Handlungen erfolgt automatisch, was Energie spart und Raum für wichtigere Dinge schafft. Bei Veränderungen von Gewohnheiten oder Verhaltensweisen empfinden wir zunächst Unbehagen, da das Gehirn jede Abweichung vom gewohnten Weg als unangenehm wahrnimmt. Diese individuelle Herausforderung lässt sich ebenso auf unsere Gesellschaft übertragen. Entsprechend bleiben wir gern auf den vertrauten Pfaden, die uns früher erfolgreich gemacht haben. Hinzu kommt die lähmende Angst vor dem Scheitern, die in Deutschland häufig mit einem Stigma behaftet ist, sowie eine generelle Abneigung gegenüber Risiken. Nicht zuletzt mangelt es in unserem Land häufig an Eigenverantwortung, da für notwendige Veränderungen oft schnell nach dem Staat gerufen wird, anstatt im Kleinen bei sich selbst zu beginnen.

Veränderungsfähigkeit kann trainiert werden

Fest steht, dass Veränderungen notwendig sind, uns jedoch oft äußerst schwerfallen. Die gute Nachricht ist, dass wir Veränderungsfähigkeit erlernen können, indem wir sie wie einen Muskel trainieren. Neues auszuprobieren stimuliert unsere neuronalen Netzwerke und aktiviert Teile des Belohnungssystems, was zur Ausschüttung des Glückshormons Dopamin führt. Die Erfolge, die durch Veränderungen sowohl mittel- als auch langfristig erzielt werden, verstärken diesen positiven Effekt. Was für das Individuum gilt, hat auch für die Gesellschaft als Ganzes eine wichtige Bedeutung. Wenn Veränderungen initiiert werden, spüren wir eine positive Aufbruchstimmung und erkennen die langfristig positiven Auswirkungen des Wandels. Diese kollektive Erfahrung kann uns helfen, den Wandel als Chance zu begreifen und ihn voranzutreiben.

Landwirtschaft als Vorbild 

Eine Branche, die zeigt wie das gelingen kann, ist die deutsche Landwirtschaft. Auch sie ist von den grundlegenden Veränderungen durch die Globalisierung sowie die ökologische, digitale und soziale Transformation betroffen – und auch hier war zeitweise eine gewisse Veränderungsmüdigkeit zu spüren. Die Ergebnisse unseres Rentenbank-Agrarbarometers1, einer regelmäßigen Befragung der Branche, zeigen, dass die Stimmung in den vergangenen Jahren gedrückt war, was mit einer spürbaren Investitions- und damit auch Veränderungszurückhaltung einherging.

Inzwischen ist jedoch ein deutlicher Aufwärtstrend zu erkennen. Landwirtinnen und Landwirte schöpfen neuen Mut und stellen sich den Herausforderungen. Dies zeigt sich auch in ihrer hohen Bereitschaft ihre Betriebe zu diversifizieren und breit aufzustellen. Laut dem aktuellen Agrarbarometer plant fast ein Drittel der befragten Landwirte, in den nächsten zwei bis drei Jahren Veränderungen in ihren Betriebszweigen vorzunehmen. 23 Prozent beabsichtigen, den Ackerbau auszubauen oder neu aufzubauen, während 30 Prozent in Photovoltaik investieren wollen. Fast ein Fünftel der Tierhalter plant, in den nächsten zwei bis drei Jahren auf eine höhere Haltungsform umzustellen.

Gleichzeitig ist klar, dass nicht jeder in der Landwirtschaft seinen Betrieb verändern und dort neue Wege gehen will. Manche steigen angesichts der großen Herausforderungen sogar aus, weil sie für sich und ihr Unternehmen keine Zukunft sehen. Das ist nicht nur schade, sondern auch ein wirtschaftlicher und sicherheitspolitischer Verlust für unser Land – Stichwort Ernährungssicherheit. Umso wichtiger ist es, dass es uns gelingt, positive Veränderungen zu kommunizieren und praktische Beispiele transparent zu machen – um voneinander zu lernen, Mut zu machen und zukunftsweisende Veränderungen anzustoßen.

Innovative Beispiele schaffen Zuversicht

Diese Beispiele sieht man immer wieder, wenn man auf den Höfen unterwegs ist – und sie machen mich stolz, für diese Branche zu arbeiten. Menschen wie Torsten Krawczyk2, landwirtschaftlicher Unternehmer und Präsident des Sächsischen Bauernverbands, sind dafür exemplarisch. Gemeinsam mit seinem Bruder bewirtschaftet er das 400 Hektar große Landgut Westewitz in Sachsen, auf dem er verschiedene Getreide- und Gemüsesorten anbaut. Ergänzend zum Ackerbau betreibt er eine Biogasanlage, eine Logistiksparte und die Haltung von Schweinen und Rindern. Krawczyk ist besonders erfolgreich, weil er Veränderungen als Chancen begreift und sie aktiv vorantreibt. Er ruht sich nicht auf seinen Erfolgen aus, sondern analysiert kontinuierlich Trends und zukünftige Chancen, die sich bieten. So sieht er beispielsweise großes Potenzial bei den Themen CO2-Bilanzierung und Digitalisierung. Ein weiteres positives Beispiel ist Tobias Babel, Landwirt des Jahres 2024 (CERES AWARD), mit dem ich Anfang Juni gemeinsam auf einem Panel bei unserem Parlamentarischen Abend diskutiert habe. Seine Veränderungsbereitschaft und Innovationsfreude ziehen sich durch den gesamten Familienbetrieb und tragen entscheidend zu dessen Erfolg bei.

Unterstützung durch die Rentenbank

Diesen Menschen – Torsten Krawczyk, Tobias Babel und den vielen weiteren innovativen und veränderungsfreudigen Landwirten in unserem Land – steht die Rentenbank als Förderbank für die Agrarwirtschaft und den ländlichen Raum als starker Partner zur Seite. Sie bietet Unterstützung und Beratung, um Herausforderungen zu bewältigen und die Zukunft erfolgreich zu gestalten:

  • Förderung der Veränderungsfähigkeit: Durch ihr umfangreiches Förderportfolio unterstützt die Rentenbank landwirtschaftliche Unternehmer bei Veränderungen, die sie und die Branche zukunftssicher machen. Dazu gehört zum Beispiel die Förderung von Investitionen in die Steigerung der Energieeffizienz, die Minderung von Emissionen und die Verbesserung der Tierhaltung. Ebenso unterstützt die Förderbank wirtschaftlich sinnvolle Investitionen in Zukunftsthemen wie Agri-Photovoltaik-Anlagen, den Umstieg auf ökologischen Landbau, effiziente Bewässerung und Speicherbecken und vieles mehr.

  • Unterstützung für Startups: Die Rentenbank fördert zudem junge und innovative agrarnahe Startups, die neue Ideen zur Bewältigung aktueller und zukünftiger Herausforderungen entwickeln. Dies geschieht zum einen durch die Vergabe von Nachrangdarlehen in Zusammenarbeit mit dem Bundeslandwirtschaftsministerium. Zum anderen unterstützt die Förderbank das Startup-Ökosystem durch ihr Engagement im Bereich Venture Capital.

  • Praktische Hilfestellung: Neben der klassischen Finanzierung fördert die Rentenbank die Veränderungsbereitschaft der grünen Branche auch durch praktische Hilfestellungen, beispielsweise bei der Verknüpfung von Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit. Das Fachkonzept, das die Rentenbank im vergangenen Jahr veröffentlicht hat, hilft Bankberatern dabei, das Thema Nachhaltigkeit bei Agrarkunden einfach und sinnvoll zu bewerten, um die Finanzierbarkeit der Branche sicherzustellen. Die Sicherung der Finanzierung der Landwirtschaft ist auch der Fokus bei der Klimastrategie der Rentenbank, die Anfang des Jahres veröffentlicht wurde. Mit ihr zeigt die Förderbank Wege auf, wie landwirtschaftliche Betriebe ihren CO2-Fußabdruck durch wirtschaftlich sinnvolle Investitionen in Innovationen reduzieren können.

  • Klimabilanzförderung: Ein konkretes Beispiel für die Unterstützung der Rentenbank ist auch der neu gestartete Zuschuss Klimabilanz. Mit diesem Zuschuss wird die Beratungsleistung zur Erstellung einer Klimabilanz inklusive eines Maßnahmenkatalogs für landwirtschaftliche Unternehmen durch kompetente Berater gefördert. Die Netto-Beratungskosten werden mit 90 Prozent bezuschusst, maximal jedoch bis zu 1.000 Euro. Im Laufe des Jahres wird die Rentenbank zudem einen Zinsbonus Klimabilanz einführen, der gewährt wird, wenn bei der Beantragung eines Darlehens eine Klimabilanz vorliegt.

  • Kommunikationsplattform: Schließlich fördert die Rentenbank die Veränderungsbereitschaft und Wandlungsfähigkeit der Branche auch durch ihre Forschungsförderung, die Erarbeitung von Studien und indem sie als Kommunikationsplattform für die Landwirtschaft und den ländlichen Raum agiert. Beim bereits erwähnten Parlamentarischen Abend, der gemeinsam mit dem Bayerischen Agrarministerium veranstaltet wurde, diskutierten Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Verbände über mögliche Lösungsansätze für Herausforderungen.

Fokus auf unsere Stärken

Bei all den Aufgaben, die vor uns liegen, hilft es, die eigenen Stärken zu kennen und sinnvoll für sich und en eigenen Weg zu nutzen. Für die Landwirtschaft ist eine dieser Stärken die Rentenbank als erfahrener, flexibler und leistungsstarker Finanzierungspartner. Übrigens ist „flexibel“ in diesem Kontext keine leere Floskel, denn auch die Förderbank stellt sich durch ihren eigenen Transformationsprozess veränderungsfähig auf, sodass sie nicht nur heute, sondern auch morgen und übermorgen der starke Partner der grünen Branche sein kann. Was für die Landwirtschaft gilt, trifft auch auf die Wirtschaft und die Gesellschaft als Ganzes zu. Auch hier können wir auf unsere Stärken zurückgreifen, darunter ein deutschlandweites Netz an Förderbanken, die die Wirtschaft vor Ort unterstützen, gut etablierte staatliche Strukturen, einen starken Rechtsstaat, eine resiliente und langfristig orientierte Wirtschaftsstruktur sowie eine ausgeprägte Solidarität und Zivilgesellschaft.

Veränderung als gemeinsame Aufgabe

Solidarität ist ein zentrales Schlagwort. Denn für die Herausforderungen in der Landwirtschaft sowie in allen anderen Bereichen der Wirtschaft und Gesellschaft ist es entscheidend, alle Akteure zusammenzubringen. Veränderung ist eine Aufgabe, bei der es auf jede Einzelne und jeden Einzelnen ankommt, die aber nur gemeinsam bewältigt werden kann.

1997 im Adlon schloss Roman Herzog seine Ruck-Rede mit folgenden Worten: „Wir müssen jetzt an die Arbeit gehen. Ich rufe auf zu mehr Selbstverantwortung. Ich setze auf erneuerten Mut. Und ich vertraue auf unsere Gestaltungskraft. Glauben wir wieder an uns selber. Die besten Jahre liegen noch vor uns.“

Genau in diesem Sinne möchte ich zum Abschluss meines Beitrags einen Appell an uns alle richten: Lassen Sie uns gemeinsam eine positive Zukunft gestalten – für die Landwirtschaft und für unser Land. Wenn wir unsere Verantwortung wahrnehmen – jeder Einzelne von uns! – können wir gemeinsam viel bewegen. Dann können wir Veränderungsweltmeister werden.


Hinweis: Dieser Beitrag ist in ähnlicher Form auch in der Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen, ZfgK, erschienen.


#Globalisierung #Transformation #Innovation #Veränderung #Landwirtschaft


Weitere relevante Links:
https://www.kreditwesen.de/

 

Das Rentenbank-Agrarbarometer ist der einzige empirisch fundierte und über einen längeren Zeitraum verfügbare Index mit Aussagen zur aktuellen Situation und den Erwartungen in der deutschen Landwirtschaft. Es wird seit März 2024 vierteljährlich im Auftrag der Landwirtschaftlichen Rentenbank vom Marktforschungsunternehmen Kynetec erhoben und knüpft an das frühere „Konjunktur- und Investitionsbarometer Agrar“ an. Das aktuelle Agrarbarometer ist hier abrufbar. 

Mehr über Torsten Krawczyk erfahren Sie im Podcast auf unserem neuen Blog „steinbock spricht…“ unter: https://www.rentenbank.de/blog/Kompromisse-sind-das-Ziel-in-einer-Demokratie-und-nicht-das-ueble-Ende./

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