Studie: Agritech im Wandel – Landwirtschaft trifft Investment
Um diese Fragen fundiert zu beantworten, haben wir gemeinsam mit der Boston Consulting Group einen umfassenden Bericht auf den Weg gebracht: „Agritech im Wandel: Landwirtschaft trifft Investment“. Wir wollten wissen: Welche intelligenten Schlüsseltechnologien treiben den Wandel auf dem Feld voran? Wie attraktiv sind sie aus Sicht landwirtschaftlicher Unternehmen? Wie wird ihre Marktreife und Investitionsfähigkeit bewertet? Und wie lassen sich diese finanzieren?
Drei Phasen digitaler Technologien
Der Bericht zeigt, dass sich digitale Technologien im Kern in 3 Phasen einteilen lassen:
1. Phase: Das Erkennen, also die Datenerfassung, wie Sensorik, Fernerkundung mit Drohnen oder Satelliten und das Monitoring von Boden-/Wetter-/Pflanzenzustand
2. Phase: Das Entscheiden, also Analysesoftware und digitale Dokumentationstools, die in Echtzeit aus Daten verwertbare Erkenntnisse ableiten und fundierte Entscheidungen ermöglichen, wie Datenanalyse, Künstliche Intelligenz (KI), Entscheidungsunterstützungssysteme und digitale Plattformen oder Farm-Management-Software
3. Phase: Das Handeln, also Intelligente Systeme, die die aus den vorherigen Phasen gewonnenen Erkenntnisse automatisiert in konkrete Betriebsmaßnahmen überführen, zum Beispiel Robotik, autonome Landmaschinen & Traktoren, teilflächenspezifische Ausbringung (Variable Rate Application, VRA), Automatisierung beim Pflanzenschutz oder Bewässerung
Bewertung der Schlüsseltechnologien
Innerhalb dieser Phasen wurden 17 Schlüsseltechnologien näher betrachtet in Bezug auf die Attraktivität und Marktfähigkeit aus Sicht europäischer Landwirtinnen und Landwirte. Zur Bewertung dieser Attraktivität wurde zum einen die Profitabilität – also wie stark eine Technologie potenziell die Betriebsergebnisse verbessern kann, durch höhere Erträge oder niedrigere Kosten – herangezogen. Dabei wurden die Investitionskosten bewusst nicht berücksichtigt, da viele Technologien sich noch in der Entwicklung befinden.
Zum anderen wurde die nicht-finanzielle Attraktivität (“Desirability”) angeschaut, denn eine Technologie kann trotz positiver Wirkungen scheitern, wenn der Zugang zum Markt eingeschränkt ist, etwa durch fehlende Marktreife, regulatorische Hürden oder einen begrenzten Zugang zu Netzwerken und Vertriebskanälen.
Auch strukturelle und ökonomische Barrieren wurden untersucht, also welche Forschungs-, Entwicklungs-, Produktions- und Markteinführungskosten anfallen. Technologien mit hohem Kapitaleinsatz, komplexer Fertigung oder starkem Vertriebsaufwand sind schwieriger zu skalieren. Einfacher skalierbar sind Lösungen, die mit geringeren Anforderungen in Produktion und Vermarktung auskommen.
Attraktivität und Marktfähigkeit: Die wichtigsten Technologien
Die Auswertung zeigt, dass insbesondere Technologien der Kategorie „Handeln“ das größte wirtschaftliche Potenzial für Betriebe aufweisen. Die attraktivsten Technologien innerhalb dieser 17 Kerntechnologien für landwirtschaftliche Betriebe sind dabei konkret:
- Automatisierte Systeme für die Tierhaltung
- Automatisierte Systeme für Obst- und Gemüsebau
- Farm-Management-Tools
- Autonome Fahrsysteme & Maschinen
- Autonome Lenksysteme
Und die marktfähigsten Technologien:
- Digitale Dokumentation & Verwaltung
- Feldspezifische Sensoren & Daten
- Intelligente Bewässerungssysteme
- Technik für regenerative Landwirtschaft
- VRA-Saattechnik
Strukturelle und ökonomische Hemmnisse
Aber: Alle Technologien aus den Bereichen Erkennen, Entscheiden und Handeln stoßen oft auf strukturelle Hemmnisse – z. B. durch regulatorische Vorgaben oder fehlende Vertriebskanäle. Beispielsweise bei Farm-Management-Tools: Händler koppeln Software oft an Hardwarepakete und blockieren so den offenen Markt. Oder bei staatlichen Systemen und Schnittstellen: Ausschreibungsgeschäft für Regierungsaufträge mit hohen Markteintrittsbarrieren. Und bei Sprühdrohnen sind es strikte Auflagen für Flugrechte, Luftausbringung und Sicherheit, die den Markteintritt verzögern. Dies sind nur einige Beispiele aus unserem Bericht. Die ökonomischen Barrieren betreffen vor allem Technologien aus der Phase „Handeln“, da diese häufig anlageintensiv sind und mit hohen F&E- sowie Produktionskosten einhergehen: Wirtschaftlich sind diese Technologien am attraktivsten.
Wie kommen Innovationen in die Fläche?
Jetzt haben wir schon einige Erklärungen dafür, warum neue Technologien trotz ihrer Vorteile noch nicht ausgeprägt in der breiten Praxis zu finden sind. Wie schaffen wir es also, neue Technologien in die Breite zu bekommen? Wie schaffen wir es, dass mehr Betriebe neue Technologien einsetzen können?
Haupttreiber dafür sind laut unserem Bericht auf Ackerbaubetrieben in erster Linie Potenziale für Kostensenkung. Und bei Tierhaltern vor allem die Reduktion des Arbeitsaufwands. Was braucht es darüber hinaus?
Was braucht es für den Durchbruch?
- Es braucht Vorbilder. Wir brauchen Leuchtturmbetriebe, die zeigen, wie es geht.
- Es braucht Maschinengemeinschaften oder Mietmodelle als verbreitetere Alternativen zum Eigentum.
- Es braucht gute Beratung und mehr Kooperationen mit uns. Damit die Implementierung neben dem Alltagsgeschäft im Betrieb möglich ist und damit die Ideen der Start-ups auch praktisch umsetzbar werden und wirklich funktionieren. Denn auch unser Bericht zeigt, dass die Entscheidungen der Landwirte, in neue Technologien zu investieren, maßgeblich von unabhängigen Beratern und Demonstrationsbetrieben beeinflusst wird.
- Es braucht eine Standardisierung von Datenstrukturen, damit verschiedene Software miteinander oder mit Maschinen zuverlässig miteinander kommunizieren können.
- Und es braucht vor allem sinnvolle Finanzierung und Förderung. Darunter auch Finanzierung und Förderung, die die längeren Entwicklungsprozesse von landwirtschaftlichen Innovationen berücksichtigt, da nicht zu jeder Zeit im Jahr der praktische Test möglich ist.
Förderung und Finanzierung durch die Rentenbank
Gemäß unserem Bericht gemeinsam mit BCG sind weltweit VC-Investitionen für AgTech und FoodTech zwischen 2021 und 2023 von 52 auf 15 Mrd. USD um 71 % eingebrochen.
Genau bei Förderung und Finanzierung – aber nicht nur dort – setzen wir als Rentenbank an: Wir stellen langfristige, zinsgünstige Darlehen bereit, nicht nur für klassische Investitionen, sondern auch gezielt noch zinsgünstigere Darlehen für besonders zukunftsweisende Investitionen, wie wir sie in unseren Zukunftsfeldern abbilden. Beispielsweise für Agri PV Anlagen, effiziente Bewässerung und Speicherbecken, autonome oder umweltschonende Landbewirtschaftung oder Alternative Proteine in Human- und Tierernährung.
Auch einen Zuschuss zu einer Klimabilanz für Landwirtinnen und Landwirte vergeben wir seit Juli, um die individuellen CO2 Emissionen eines landwirtschaftlichen Unternehmens zu analysieren, damit sie gezielt reduziert werden können. Und seit Anfang Oktober profitieren landwirtschaftliche Betriebe von einem zusätzlichen Zinsbonus in Höhe von 0,25%, wenn sie eine Klimabilanz vorlegen. Dieser gilt für die Sparte Landwirtschaft in den Programmen „Wachstum“ und „Nachhaltigkeit“ sowie für ausgewählte Kredite im Bereich „Zukunftsfelder im Fokus“.
Daneben fördern wir Innovationen durch die Beteiligung an Venture-Capital-Fonds im Agtech- und Foodtech-Bereich. Und: Wir fördern gemeinsam mit dem Bundesministerium für Landwirtschaft, Ernährung und Heimat Start-ups in der Früh-Finanzierungs-Phase. Mit einem Zuschuss für Kompetenz- und Wissensaufbau und einem Nachrangdarlehen bis max. 800.000 Euro. Dies erleichtert vielen, danach weitere Investoren zu finden.
Start-ups sind agil und in der Lage, neue Technologien von Anfang an in ihren Prozessen und Produkten zu etablieren. Und damit sind sie Treiber von Innovationen. Aber sie brauchen frühe Unterstützung. Und eben finanzielle Förderung und Vertrauen aufgrund der längeren Entwicklungs- und Markteinführungszyklen.
Start-ups als Treiber von Innovationen
Aber es reicht nicht aus, die Markteinführung von Agtech- und Foodtech-Innovationen zu fördern. Wir brauchen auch den laufenden Transfer der Start-ups in die Praxis und damit eben die Zusammenarbeit von Landwirtschaft und Start-ups. Deshalb bauen wir als Rentenbank Brücken zwischen Start-ups und Betrieben. In unseren Gesprächen, auf Messen und auf Veranstaltungen aber ganz besonders auch durch unsere Förderungen des Start-up-Ökosystems mit der Growth Alliance und dem dazugehörigen Network Summit. Gemäß unserer Studie gibt es seitens Investoren gegenüber dem Agtech-Sektor eine starke Risikoaversität und wenig Vertrauen in dessen Innovationsfähigkeit. Ursachen dafür sind eben nicht die mangelnde Profitabilität oder die fehlende Akzeptanz durch Landwirte, sondern sie liegen in einer Reihe von wirtschaftlichen und strukturellen Marktbarrieren, die ich oben beschrieben habe.
Gesellschaftlicher Nutzen und die Rolle der Primärproduktion
Der gesellschaftliche Nutzen moderner Technologien in der Landwirtschaft – durch Ressourcenschonung und Ressourceneffizienz, Klimaschutz und Tierwohl ist so groß, dass wir es als Gesellschaft schaffen müssen, den Landwirtinnen und Landwirten den Weg hin zur Nutzung dieser Technologien zu ermöglichen oder möglichst einfach zu machen. Denn im Endeffekt ist es die Primärproduktion, in der Transformation beginnt greifbar zu werden. Und somit ist die Umsetzung in der Primärproduktion das Herzstück des Erfolgs der Transformation hin zu mehr Nachhaltigkeit der gesamten Branche. Dafür brauchen wir Digitalisierung und KI.
Und daran arbeiten wir als Rentenbank jeden Tag.
Hinweis: Die Inhalte des Artikels waren Teil einer Keynote im Rahmen der Digital Farming Conference von Bitkom.
#AgTech #VentureCapital #Start-ups #Landwirtschaft
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